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ALISA-Preis der Wormser Ethik-Initiative für vorbildliches Handeln
Einführung zur konstituierenden Sitzung der Jury
am 27. September 2012 in Worms
Von Kurt E. Becker, Vorsitzender der Jury

Könnten wir uns Harry Wales hierzulande als Vorbild von Kindern und Jugendlichen vorstellen? In Großbritannien ist dies nicht nur vorstellbar sondern Realität. Eine große Mehrheit der Briten sieht Harry Wales als Vorbild schlechthin der genannten Zielgruppen.
Wer ist Harry Wales?
In der britischen Boulevardpresse immer wieder herumgereicht mit wenig Schmeichelhaftem über seinen Lebenswandel, zuletzt nackt abgelichtet bei einer ausschweifenden Party in den USA. Dergleichen kratzt in gar keiner Art und Weise an seinem Ruf, gilt er doch letztlich als ganzer Kerl. Harry Wales ist Hauptmann der britischen Armee, derzeit im Kampfeinsatz für Krone und Vaterland in Afghanistan.  
Letzteres wäre letztlich keiner Erwähnung wert, Einsätze dieser Art gibt es von vielen Soldaten und Offizieren, auch in Deutschland. Aber ließe sich vorstellen, dass die Deutschen einen ihrer Hauptmänner zum Vorbild der Jugend küren? Wohl kaum.
In Großbritannien, historisch mit Deutschland auch in der Tradition des Soldatischen nicht vergleichbar, ist das gelebte Realität, vor allem als Harry Wales nicht zuletzt Enkel der britischen Königin ist, im „alltäglichen“ Leben als Prinz Harry Dritter in der britischen Thronfolge.
Warum ein britisches Beispiel beim Thema „Vorbild“ in Deutschland?
Auf der Suche nach Vorbildern für unseren Preis sollten wir die kulturelle Abhängigkeit und damit die des damit in Zusammenhang stehenden Werte-Systems nicht aus dem Blick verlieren. Andere Länder, andere Sitten – respektive andere Vorbilder. Im besonderen Maße gilt dies bei einem Wechsel des religiösen Kontexts im Vergleich etwa vom Islam zum Christentum oder zum Judentum, Buddhismus oder Hinduismus gar nicht erst erwähnend. Von psychoanalytischen Theorien zum Thema à la Sigmund Freud möchte ich Sie heute allerdings verschonen, aber wenigstens darauf hingewiesen haben, dass Vorbilder alltäglicher Art essentiell sind bei jeder Art von „Lerntheorie“. Bestimmte Verhaltensweisen alltäglichen Tuns schauen wir uns bei anderen Menschen ab, die dadurch mit einem gewissen inneren Automatismus zu Vorbildern für uns werden. Der Beobachtende eines bestimmten Verhaltens wird eine neue Verhaltensweise etwa bei der Handhabung von Messer und Gabel oder aber bei der Art des Blumengießens für sich selbst annehmen, wenn er den Beobachteten als Vorbild für sich selbst akzeptiert.
Vorbilder – im positiven wie im negativen Sinn – werden aber auch durch elektronische Medien im Allgemeinen und durch Film und Fernsehen, sowie durch den bunten Blätterwald im Besonderen vermittelt. Auch dies müssen wir uns vor Augen führen, wenn wir über einen Preis für vorbildliches Handeln miteinander sprechen. Die Medien prägen unser Bild von Vorbildern entscheidend mit.
Außer der Vorbildfunktion gibt es im Koordinatensystem unseres Preises als weitere Komponenten die Begriffe „Handeln“, „Ethik“ und „ALISA“.  Schauen wir uns die Komponenten im Einzelnen an, damit uns die Kriterien unserer Jury-Satzung noch ein bisschen deutlicher vor Augen treten. Der Begriff „Handeln“ hat in dem von uns hier gemeinten Sinn immer eine soziale Dimension – er ist gerichtet entweder auf einen anderen Einzelnen oder aber auf eine Vielheit von Menschen. Handeln in diesem Sinne ist immer auch soziales Handeln, in einem zunächst völlig wertfreien Sinn dieses Begriffs. Wertend wird dieses Handeln durch ethische Implikationen, die wir ihm zuschreiben oder unterstellen. Im Sinne unserer Initiative wäre also entweder ein ethisches Motiv oder aber zumindest eine ethische Konsequenz des sozialen Handelns von ausschlaggebender Relevanz für die Vergabe unseres ALISA-Preises.
Soweit einige wenige erläuternde Eingangsbewertungen zu unserer heutigen Diskussion.